Während Sehen und Hören längst in höchster Qualität technisch unterstützt werden, steckt die Nutzung des Tastsinns noch in den Kinderschuhen1. Das vorgestellte Projekt widmet sich genau diesem Aspekt: Ein haptisches Warnsystem für Fahrräder und E-Bikes, das über Vibration Feedback gibt, wenn Gefahren erkannt werden.
In dem hierfür erstellten Bericht wird im Detail gezeigt, wie das System aufgebaut ist und welche Konzepte hinter der Wellengenerierung sowie der Ansteuerung der Motoren stehen.
Das Haptiksystem im Überblick
Das System besteht aus drei Hauptkomponenten:
- Raspberry Pi Pico 2 W – steuert die Logik und generiert die Wellenformen.
- TI DRV2605L Treiberchips – übernehmen die Signalübersetzung für die Motoren.
- TITAN-Haptics TacHammer Carlton (LRA-Motoren) – erzeugen die Vibrationen an den Fahrradgriffen.
Die Softwarearchitektur ist modular aufgebaut: Ein Waveform-Modul erstellt die Vibrationsmuster, während ein Haptikmodul für die Ansteuerung sorgt. Die Treiberbibliothek abstrahiert die Kommunikation mit den DRV2605L-Chips.
Wellengenerierung – von Theorie zu spürbaren Mustern
Die Wellenformen orientieren sich an den typischen Situationen im Straßenverkehr (1–50 km/h). Drei Kernparameter bestimmen die Ausgabe:
- Distanzmapping: Je näher das Objekt, desto stärker und kürzer die Vibration.
- Boundingbox-Mapping: Linker und rechter Griff können separat angesteuert werden, um die Position des Objekts zu vermitteln.
- Geschwindigkeitsmapping: Über die Steigung einer Sigmoidfunktion werden Vibrationen von sanften Rampen bis hin zu kantigen Rechteckmustern moduliert.
Ließt sich erstmal abstrackt – ist aber eigentlich ganz einfach. Um das Konzept aber besser zu visualisiern wurde ein Tool entwickelt. Dieses erlaubt es Wellenformen zu testen und interaktiv zu optimieren.
Herausforderungen in der Umsetzung
Die Frequenz muss so angepasst werden, dass Muster gut unterscheidbar sind. Zu hohe Frequenzen erschweren die Erkennung – darum wird die Impulsrate flexibel über die Sample-Anzahl reguliert.
Treiber und Motoren sind kein perfektes Match. Dabei mussten bei den beiden Treiber-Setups: Closed-Loop vs. Open-Loop Drawbacks eingegangen werden.
- Closed-Loop: Bietet automatische Kalibrierung, leidet aber an schwacher Intensität und Einschränkungen durch den DRV2605L.
- Open-Loop: Flexibler in der Frequenzwahl (80 Hz statt 150 Hz), liefert spürbar bessere Ergebnisse, verzichtet jedoch auf Effizienzfunktionen.
Erwähnenswert ist außerdem, dass die Wiedergabe von individuellen Wellenformen noch blockierend ist. Dies kann aber durch das verwenden der Multikern-Architektur des Microkontrollers behoben werden.
Fazit
Interessant war, wie man von der Signalverarbeiten hin zu einem System gelangt welches abhängig seiner Umgebung Signale in einer anderen Form ausgibt. Haptisches Feedback kann Straßenverkehr sicherer machen. Die Synergie aus Radarsensorik und taktiler Rückmeldung eröffnet neue Wege, Radfahrer:innen unauffällig und zuverlässig zu warnen.
Zentrale Erkenntnisse sind:
- Haptik ist ein unterschätzter Sinn, der für Interaktion und Sicherheit enorme Potenziale bietet.
- Technische Limitierungen der Treiber sind noch eine Hürde, insbesondere bei Frequenzen und Intensität.
- Modulare Software und Visualisierungstools erleichtern Entwicklung und Feintuning.
Kern, T. A. (2008). Entwicklung haptischer Geräte. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg. S. ix. isbn: 9783540876434. doi: 10.1007/978-3-540-87644-1. ↩︎